Habe heute nach sehr sehr langer Zeit mal wieder Kopfhörer-Musik mit zum Joggen genommen, und natürlich bereits nach wenigen Minuten gemerkt, warum ich das in der Vergangenheit eigentlich lieber gelassen habe: Weil es nicht geht!
Bzw. nur geht, wenn der Rhythmus des Songs zufällig mit der bevorzugten Schrittfrequenz des Laufens übereinstimmt. Alles andere verursacht unmittelbare Kopfkoliken.
Warum trotzdem fast der gesamte Rest der Menschheit mit Knopf im Ohr durch den Park hechelt, kann ich mir nur gewohnt hochnäsig damit erklären, dass eben 95% der Menschen wahlweise total unmusikalisch oder allumfassend ignorant sind.
So muss es sein.
Aber es lauern noch weitere Fallstricke. Tolle Musik verursacht bei mir, selbst wenn ich mir große Mühe gebe, mich diesbezüglich im Zaum zu halten, reflexartige Impulse, etwa einen prägnanten Drummroll mit ausladender Geste beidhändig zu kommentieren, oder bei Beginn des Refrains in luftgitarrenähnliches Zucken des rechten Arms zu verfallen.
Ja, schlimmer noch, ich kann mich häufig einfach nicht wehren, mitzusingen!
Wenn Ihnen also demnächst im Grüneburgpark oder am Main ein älterer Herr mit sehr schütterem Haupthaar entgegen gelaufen kommt, und dabei, zwar schlecht intoniert aber mit der nötigen Inbrunst,
„Oh my God, I can’t believe it, I’ve never been so far away from home!“
zuruft, dann sollten Sie das nicht derart mißinterpretieren, dass es sich um einen Geistig-Verwirrten handelt, der Hilfe sucht, weil er sich verlaufen hat.
Es handelt sich lediglich um einen Geistig-Verwirrten mit einem Musik-Tick.

Dass Freud aus dem Jenseits bei sowas natürlich auch gerne mitmischt ist klar. So purzelte mir ein mitgesungenes „Flicking through a little book of sex-tips“ natürlich ausgerechnet in dem Moment aus der Kauleiste, als mich eine überaus attraktive junge Dame überholte.
Zum Glück habe ich kein Clawfinger auf dem Player. Sonst würde mir bestimmt bald im falschen Moment ein deftiges „You’re the real nigger“ über die Lippen rutschen. Welche dann u.U. recht schnell etwas dicker wären.
Aber auch ein vernehmliches „It’s all in my mind“ vermag bei umstehenden Passanten ein kopschüttelndes „Offensichtlich!“ auszulösen.

Nichtsdestotrotz werde ich in Zukunft womöglich häufiger zum MP3-Player greifen, wenn die Lauflust ruft. Denn das gute an meiner leidenschaftlichen Liebe zur Musik ist: kaum habe ich das Ding auf, und es läuft einer meiner sensationellen Mixes, dann wünsche ich, dass dieser Zustand bestenfalls niemals endet. Mit anderen Worten: die Trainingszeit erhöht sich beträchtlich, und das ist ja vielleicht nicht das Ungesündeste. Wobei ich mir diesbezüglich in meinem Alter auch nicht mehr so wirklich sicher bin…

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