Meine allerersten Live-Eindrücke von der Britischen Insel sammelte ich in einem Örtchen namens Orpington in der Nähe von Bromley in Kent („all the shite down the Thames“, as a not so very friendly saying goes). Dort residierte die Familie meines ersten englischen Schüleraustauschaustauschschülers und gewährte mir tiefe und durchaus prägende Einblicke in typisches englisches middle-class-Leben.
Wenn Frankfurt London wäre, dann wäre Bromley vielleicht Oberursel (ohne die schönen Berge natürlich – man kann dort allerdings Berge von Tand einkaufen), und Orpington wäre dann Weißkirchen. Kein Wunder also, dass mir der Ort im späteren Leben nie wieder in irgendeiner Weise begegnet ist.

Doch das ist nun vorbei.
Denn, ramtatatam-tatatam, nun gibt es den ersten Popstar aus Orpington! No Kidding.
Es handelt sich um die Popgöre Pixie Lott, und ich gestehe, dass mein Herz aus unerfindlichen Gründen etwas höher schlug, als ich davon las. Mein olles Orpington! Wow.
Leider ist Pixie Lott – lets put it this way: the kind of female singer that you would rather she bustles in your bedsheets than in your earphones.
Dabei kann sie ja durchaus nicht nur jung sein und gut aussehen, sondern wirklich singen (siehe hier), aber die Durchbruchssingle ist eben leider Formatradio-Schrott und das bescheuerte Video macht die Sache nicht wirklich besser.
Irgendwie wäre mir eine sympathische Indie-Schraddel-Kapelle oder meinetwegen auch ein poppiger Elektronik-Kasper als erstes kulturelles Wahrzeichen Orpingtons lieber gewesen.
Na ja, sei es drum.

Wirklich ans Herz legen möchte ich Ihnen hingegen den nicht viel älteren Jamie T. aus Wimbledon. Von dem dürften die meisten schon gehört haben; sein erstes Album aus 2007 war zwar kein kommerzieller Kracher, aber musikalisch überaus unterhaltsam. Seitdem haftet ihm das Image an, irgendwie so Mike Skinners kleiner Bruder im Geiste zu sein. Und in der Tat spricht einiges dafür, dass The Streets etwa so geklungen hätten, wenn die Welt seinerzeit schon gewusst hätte, was Arctic Monkeys sind. Jedenfalls pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass seine neue Nummer Hocus Pocus eine Wucht sei – allein, ich kann sie noch nirgendwo im Netz finden. Laben Sie sich derweil an der aktuellen Single Sticks and Stones.
(It is the one in which he tells his teenage lover that her mother’s flat is „the only place but home, I feel relaxed enough to crap,“ Rumours go, she has not returned ruefully on the spot…)

Damit es aber nicht heißt, ich würde hier boyish gegen girlish ausspielen, möchte ich Ihnen auch eine weibliche Newcomerin vorstellen, die dann doch deutlich mehr Potenzial auf die Waage bringt als Orpingtongs most beautiful blonde.
Nämlich Florence and the Machine.
Ihr letztjähriges Hitchen Kiss With a Fist war zwar noch ein bißchen zu, äh, katenashy (insbesondere textlich), und die aktuelle Single Rabbit Heart ist, um im Bilde zu bleiben, viel zu katebushy, aber Dog Days und ihr Cover von You’ve Got the Love kann man sich schon mal anhören.
Sagen wir: nicht so übertätowiert wie Amy, nicht so „cute“ wie Lily Allen, aber eine angenehme Ecke exzentrischer als Duffy, Adele und wie sie alle heißen.
Außerdem hat sie sich nach Florence Nightingale benannt, und das deutet darauf hin, dass sie vielleicht sogar schon mal ein Buch gelesen hat in ihrem Leben. Nicht gerade ein ausgewiesenes Hobby unter Popmusikern (egal welchen Geschlechts), und ich lästere hier aus eigener Erfahrung…

Habe übrigens, angespornt durch Mrs Lott, auch eine bemühte Internetrecherche nach meinem seit etwa zwanzig Jahren verschollenen Austauschschülerfreund von damals unternommen, aber leider ohne Erfolg und jeglichen Hoffnungsschimmer.
Seems, he has not made it into the press, yet.

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