Pleiten, Pech und Panama heißt das soeben erschienene dritte Album der Strombergkinder aus Hamburg-Barmbek.
Und wenngleich die Erwartungen bestimmt nicht niedrig waren, so werden sie doch aufs Angenehmste übererfüllt.
Musikalisch sind sie ihrer kruden Mischung aus HipHop, Techno und Punk-Rock treu geblieben, sie sind sozusagen der Median auf dem Weg von Deichkind zu den Ärzten. Und doch ist eine klare Entwicklungslinie erkennbar:
Während das Debüt-Album Kommet Ihr Wirte noch die ein oder andere pennälereske Partynummer zu viel enthielt (etwa Magic Vulva oder Heute hau’n wir auf die Frauke), war ja schon der Nachfolger Pastafahndung ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung. Darauf schalteten die Mannen um Sänger Joost van Proost (ihre prollhumorigen Pseudonyme haben die Jungs bislang leider beibehalten) um ca. zwei Gänge zurück, bauten ein paar karibische Rhythmen ein, ließen gelassen den Joint kreisen, und legten dafür textlich noch eine Schippe drauf.
Doch was uns Pleiten, Pech und Panama an absurdem Humor, Wortspielgebattle und feiner Ironie bietet, ja zumutet müsste man teilweise sagen, ist in der Tat noch mal ein Riesenschritt nach vorn für das sympathische Quartett von der Elbe.

In dem Song Mama, Papa, Wundstarrkrampf beschäftigt sich Joost relativ unverblümt mit der grundsätzlichen Unerträglichkeit jeglicher Form von Eltern („Sie sind zu dumm um zu erröten. Ich wünscht‘ sie manches Mal nach Köthen.“), das Anti-Hippie-Traktat Jetzt schlägts Dreizeh(e)n, Faultier! kommt mit festivaltauglichen Stampf-Beats daher, und Ledermantel-Lothar ist eine Fry&Laurie-inspirierte Liebeserklärung eines Gefangenen an den ihn verhörenden Geheimpolizisten.
Ob Gestapo oder Stasi bleibt unklar; klar hingegen dürfte sein, dass dieser Titel mal wieder eine Reihe von selbsternannten Moralaposteln auf die Palme bringen wird, von wegen über-sowas-macht-man-keine Witze, das-geht-nun-wirklich-zu-weit etc.
Zitat:
„Hinter Türen, fest verriegelt.
Deine Brille vollverspiegelt.
Keiner hat mich je geschurigelt,
so zart wie Du.“

Die erste Single-Auskopplung Der Kalif von Backbord ist mitgröhl-evozierender Shanty-Pop und schämt sich ostentativ wenig für seinen Nonsens-Refrain „Wir sind Piraten, frühstücken lecker, wir kaufen stets beim Störtebäcker.“

Und die bereits auf dem letzten Album eingeläutete, schöne Tradition, alte Klassiker neu aufzubügeln, setzen Strombergkinder auf Pleiten, Pech und Panama dankenswerterweise fort.
Auf Pastafahndung hatten sie sich Extrabreits Polizisten angenommen, und daraus das herzergreifend bescheuerte Feuerwehrmänner gemacht („Sie rauchen Kool Menthol, weil das Leben ist ja heiß genug.“).
Diesmal bescheren sie uns ein Reggae-Remake des NDW-Gassenhauers Pogo in Togo:
Femen im Jemen. Und überraschenderweise gelingt es ihnen, drohende Herrenwitze durch erneut gezielten Einsatz von erlesener Idiotie gekonnt zu umschiffen.
Zitat:
„Rawa in Java
Femen im Jemen
Suffragetten in Emsdetten.“

Und weil sie gerade dabei sind, covern sie auch gleich noch Ich ess Blumen (denn Tiere tun mir Leid), jenen Song, in dem Die Ärzte einst den Vegetarier-Hype der späten 80er in Berlin aufs Korn nahmen. Joost: „Irgendwie haben plötzlich fast alle Leute in meinem Freundeskreis mit dem Rauchen aufgehört, und da hatte ich die Idee für dieses Stück.“
Doch wenn der Refrain einsetzt („Ich rauch Bitumen, denn Teere tun mir Leid.“), aber allerspätestens, wenn uns als Finale des Albums auch noch eine Fake-Ode an Immanuel Kant serviert wird (Der kategorische Impfpass), fragt man sich, ob Strombergkinder nicht das Gros ihres potenziellen Publikums längst auf halbem Weg durch die Wortspielhölle wegen Überforderung verloren haben. Denn wer soll das noch kapieren?
Nun: Wir!, meine Damen und Herren, wir!
Und daher sei Ihnen der Erwerb der Scheibe hiermit wärmstens ans Herz gelegt.

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