Natürlich gab es auch wieder einige Enttäuschungen zu verkraften im Musikjahr 2009.

Etwa, die müde und lauwarme Neue von Maximo Park.
Als hätten sie ihre gesamte kreative Munition auf dem 2007er Album Our Earthly Pleasures verpulvert – denken Sie nur an Our Velocity, Girls Who Play Guitars oder gar das göttliche Books From Boxes (vielleicht der schönste Song des gerade zu Ende gehenden Jahrzehnts – mit einem diesbezüglichen Rückblick wird hier in einigen Wochen selbstverständlich auch noch zu rechnen sein…) – quengelt und schraddelt das neue Album Quicken The Heart hookfrei und ziemlich belanglos vor sich hin. Das ist sehr sehr schade, und auch ein bißchen überraschend. Natürlich ist Quicken The Heart keine Scheißplatte, aber es fehlen halt die Hits, und also mithin das Salz in der Suppe.
Schwierig also, aus dem Brei zwei Anspieltipps herauszupicken. Ich nehme mal Roller Disco Dreams wegen der typischen Maximo-lyrics und Calm (ruhigere Stücke gehen ja immer irgendwie durch).

Man beachte: es war wieder mal das vermaledeite dritte Album. Früher sprach man ja immer von der „schwierigen“ zweiten Platte. Interessanterweise haben fast alle Bands aus der großen, neuen Britpopwelle von 2005 die Bürde des zweiten Albums problemlos bis genial gemeistert, um dafür dann im dritten Anlauf grandios zu scheitern. Dass dies womöglich auch zu einem großen Teil an dem alten und unlösbaren Menschheitsproblem der Langeweile durch Wiederholung liegen dürfte, darüber habe ich mich in diesem Jahr ja bereits ausführlich geäußert – siehe hier.

Da war es dann schon fast keine Enttäuschung mehr, dass auch die dritte Arctic Monkeys nicht funktionierte. Die vermeintlich unschlagbare win/win-Konstellation berühmter Star produziert berühmte Band, die sich schon vergangenes Jahr, als Mark Ronson die dritte Kaiser Chiefs verbaselte, als Schuss in den Ofen erwiesen hat, erbrachte auch in der Variante „der liebe Onkel Josh und die kleinen Strolche“ nicht das erhoffte Resultat. Möglich, dass die Songs von Alex Turner nicht mehr alle so recht zu ihm und seiner Band passen mochten. Möglich. Aber ähnlich wie ich letztes Jahr im Falle Kaiser Chiefs die Schuld auf den Produzenten schob, so scheint mir auch hier Josh Homme die Hauptverantwortung für das Scheitern des Projekts Humbug zu tragen. Natürlich war es zuerst die Band, die mit dem fehlgeleiteten Wunsch antrat, mal etwas „dunkler“ zu klingen. Was sich hauptsächlich in einem Minus an gespürter Spielfreude niederschlug. Aber als Produzent muss man so etwas hören, und dann im Zweifel eben auch mal korrigierend eingreifen, um die Eleven wieder auf den richtigen Kurs zu bringen.
Cornerstone hatten wir hier im Blog schon. Ich schicke noch Crying Lightning und My Propeller hinterher.

Verstehen Sie mich nicht falsch: weder Quicken The Heart noch Humbug sind schlecht. Solche Musik höre ich mir auf Dauer selbstverständlich immer noch lieber an als etwa Florence Welch oder uns Lily. Aber sie sind enttäuschend – eben die jeweils drittbesten von dreien – und gerade von Menschen, die man liebt, lässt man sich eben ungern enttäuschen.

Doch es geht noch weitaus schlimmer. Es gibt nämlich auch wirklich rabenschlechte Platten.
Beinahe fassungslos war ich diesen Sommer, als erste Klänge von dem neuen The Enemy-Album Music For The People an mein Ohr drangen. Diese Band hatte ich Ihnen 2007 dringendst ans Herz gelegt. Mit etwa zwanzigjähriger Verspätung schienen endlich würdige Bewerber gefunden, das Erbe von The Jam anzutreten, und eine gute Handvoll Smash-Hits versammelte sich auf deren Debüt-Album neben einigem verzeihbarem Käse.
2009 nun scheinen wir trotz gleichgebliebener Besetzung eine völlig andere Band zu hören.
Keine Ahnung, was die Buben dabei umtrieb. Vielleicht wollten sie so Killers-like ihr eigenes Sam’s Town schreiben (think: Coventry City goes American Highway and gets lost), vielleicht waren sie auch einfach nur überfordert mit dem plötzlichen Ruhm und den damit einhergehenden verschwenderischen Studio-Budgets. Jedenfalls ist Music For The People größtenteils ekliger, totproduzierter Retro-Rock, pseudo-bombastisch und ohne jede Substanz.
2009‘s major disappointment.
Ein guter Bekannter meinte neulich, er sei anfangs ähnlich entsetzt gewesen wie ich, aber nach mehrmaligen Hören habe er festgestellt, dass einige Songs doch gar nicht so schlecht seien.
No way José! Meine vermutliche Restlebenszeit ist einfach zu kurz, als dass ich mir noch miese Musik durch Dauerkonsum weichhören wollen würde. Ich brauche „Direct Hit[s]“, um hier mal Art Brut zu zitieren, deren dritte Scheibe übrigens, wir haben uns inzwischen an dieses Muster gewöhnt, auch eine ziemliche Niete war…

Wie sie es von mir kennen, verlinke ich trotzdem mal wieder nur das gerade noch erträgliche – versuchen Sie es also mit Be Somebody oder Nation Of Checkout Girls. Bei letzterem klingen sie sogar noch ein wenig nach sich selbst.

Zum Schluss noch eine beinahe untergegangene Enttäuschung.
Von Robbie Williams erwarten ja die meisten von uns schon lange keine Wunderdinge mehr. Irgendwie desillusionierend aber doch, wie wenig Notiz selbst die Restmenschheit inzwischen nimmt, wenn eine neue Robbie-Scheibe erscheint. So geschehen im November.
Eigentlich ist er immer noch ein durchaus talentierter Songtexter, aber in den gefühlten hundert Jahren seit der Trennung von Guy Chambers scheint ihm nicht ein einziger auch nur halbwegs gleichwertiger Komponist mehr begegnet zu sein, der daraus dann auch goldenen Pop schmiedet. Gut, beziehungsweise eben schlecht zu hören auf der Single Bodies.
„All we ever wanted is to look good naked,
hope that someone will take it.
God save me rejection from my reflection.
I want perfection.“
Wise words, aber ein furchtbares Video.

So, das soll’s gewesen sein in Sachen Musik 2009.
Nun sind Sie dran, meine Damen und Herren.
Kommentieren Sie bitte ausgiebig, ergänzen Sie, widersprechen Sie, oder geben Sie mir einfach hin und wieder Recht. Schließlich habe ich mal wieder einige Mühe und Lebenszeit in das diesjährige Resümee investiert.
Mit Freude, wohlgemerkt.

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