Meine Damen und Herren,
ich möchte noch etwas nachtragen zum Thema Beady Eye/Oasis. Und gleichzeitig geloben, dann dieses Kapitel auch mal wieder für einige Zeit zu schließen, um Sie nicht zu nerven.
Lesen Sie vielleicht zur Vorbereitung noch mal meinen, wie ich finde, sehr gelungenen Beitrag zum Oasis-Split aus dem Herbst 2009.

Ich will Ihnen nämlich heute einige Beispiele für das musikalische Schaffen der Non-Gallaghers im Line-up servieren. Aus ihrer Zeit vor Oasis, versteht sich.
Fangen wir mit Schlagzeuger Chris Sharrock an. Nur die richtig Guten schaffen es in die Begleitband von Robbie Williams, so viel dürfte klar sein, und tatsächlich war Chris Sharrock schon in den achtziger Jahren ein brillianter Schlagzeuger. Nämlich in der Band The Icicle Works.
Zu The Icicle Works kenne ich eine sehr nette Anekdote (selbst erlebt), die ich Ihnen aber lieber mal demnächst persönlich erzähle…
Interessanterweise wird diese Band nie erwähnt, wenn von Chris Sharrock die Rede ist, obwohl er mit The Icicle Works über mehr als fünf Jahre diverse LPs eingespielt hat. Stattdessen wird in beinahe jedem Artikel darauf hingewiesen, dass Chris mal bei The La’s aktiv war. Mit denen spielte er zwar nur ein paar Monate, aber da The La’s und deren Sänger/Songschreiber Lee Mavers von der britischen Musikpresse traditionell glorifiziert werden (Merke: Willst Du was gelten, mach Dich selten!), ist der diesbezügliche Hinweis offensichtlich unvermeidlich.
Die Icicle Works verfügten zwar über eine sehr famose Rhythm Section, auch Bassist Chris Layhe verstand sein Handwerk exzellent, aber sie machten verlässlich mittelmäßige Musik, die noch dazu – Ungnade der frühen Geburt – durch teilweise grauenerregende 80er-Produktionen technisch verhunzt wurden. Da half es auch wenig, dass sie mal mit Billy Bragg auf Europatournee gehen durften. Ihr goldener Moment war der Singlehit Love Is A Wonderful Colour, von, ich glaube, 1984.

Über The La’s müsste man einen ganzen Roman schreiben. Das werde ich ein ander Mal vielleicht tun. Mit Sicherheit eine der amüsantesten und skurrilsten Bandgeschichten der Pophistorie.

Kommen wir zu Gem Archer. Der hatte seine eigene Band: Heavy Stereo. Bis heute habe ich nicht ganz verstanden, warum diesen Jungs der kommerzielle Erfolg versagt blieb. Ich spiele ihren Song Sleep Freak, seit ich auflegen kann, und auch viele andere Nummern vom einzigen verfügbaren Album Deja Voodoo wissen mit ihrer glorios festzeltoiden Melange aus T.Rex, Slade und Pub-Rock gehörig zu gefallen. Heavy Stereo waren so betont unarty, dass sie gerade deswegen jeden halbintellektuellen Musiknerd zum jauchzen brachten. Kaufen wollte es aber irgendwie trotzdem keiner.

Andy Bell war einer der beiden Köpfe der Band Ride. Die finde ich eigentlich scheiße mittel, und bin allgemein der Ansicht, dass die „Shoegazing“ getaufte musikalische Mode der frühen Neunziger im Vereinigten Königreich einer der wenigen echten Irrwege in der britischen Pophistorie war. Aber, da auch ein blindes Huhn manchmal ein Korn findet, und weil sich überdies derzeit eine Art Shoegazing-Revival auf der Insel anbahnt, kredenze ich Ihnen zumindest den größten Hit der Band: Leave Them All Behind aus 1992. Mal mindestens die The-Who-Sequenzer-Orgel weiß hier enorm zu becircen. Aber Zumschuheangucken- und Zumportemonnaiesuchenanimieren konnten The Cure dann doch schon viel früher und viel besser.

Wichtiger ist Andy Bells nächste Band Hurricane #1.
Die werden zwar gerne als Britpop-also-rans gebrandmarkt, aber das ist nicht so gravierend, denn Britpop war ja super, also kann man auch die Zweite Liga der damaligen Zeit zumeist noch mit gutem Gewissen weiterempfehlen. Außerdem habe ich mir die zweite Hurricane#1-Scheibe Only The Strongest Will Survive seinerzeit wahrhaftig in London herself gekauft.
Und allein deshalb muss sie ja special sein, nicht?
Die Schöne Power-Ballade The Greatest High habe ich leider auf YouTube nicht gefunden, also müssen Sie sich mit dem angenehm mancunischen Step Into My World behelfen.
Später spielte Andy Bell auch noch kurz beim One-Album-Wonder Gay Dad. Schwamm Drüber!

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