Köln ist nun nicht gerade das Zentrum der deutschen HipHop-Szene, doch seit einigen Jahren gärt es dort gewaltig, insbesondere in Gestalt des durchgeknallten Trios Team Hohes C (kurz: T.H.C.).
Auf dem selbstbetitelten Debütalbum von 2012 handelte das Gros der Songs, dem programmatischen Bandnamen gemäß, irgendwie vom Kiffen, aber anders als bei den meisten HipHop-Acts, bei denen die Dope-Affinität oftmals wie eine pflichtgemäß zur Schau getragene Halbstarken-Attitüde wirkt, weiß man bei den drei Kölnern nie, ob sie es tatsächlich ernst meinen, oder ob sie sich bloß über ein Stereotyp der Szene lustig machen.
Hier und heute, auf dem unlängst erschienenen zweiten Longplayer Tschingderassa-Bong haben sie ihr Konzept verfeinert, ja nahezu perfektioniert, aber glücklicherweise auch (textlich wie musikalisch) erweitert.

Team Hohes C, das sind
Günter Gras, Bützmaster Jean und General v. Schmittchen,
und die bürgerlichen Namen werden so geheim gehalten, wie das Versteck der Keksdose in Krümelmonsters Wohnzimmer oder das Versteck der Koksdose in einer gutsituierten Anwaltskanzlei.
Opener Hanf Im Glück erzählt die Geschichte eines Kiffers mit Hasenscharte,
und im darauf folgenden, als-ob-kritischen Sängelbänker erzählt uns Günter u.a.:
„Ich hab’n Ansparplan
für eine Gunjah-Farm.“

Doch fürderhin geht es durchaus auch mal um andere Dinge als das Rauchen von Sportzigaretten.
Die Texte mäandrieren durch einen üppigen Wildwuchs aus genial-banal, abgründig-grotesk und grenzwertig-ballaballa. In schlechten Momenten wünschte man, das Team hätte sich ein Pfeichchen weniger genehmigt, in guten Momenten sind sie schlicht pures Gold.

Zu ersteren würde ich die Liebeskummer-Ballade
Ich hab‘ nicht mehr alle Tussen im Schrank
zählen, mit grenzwertigen Reimen wie
„Sie war wuschig, nich?
Und das wuscht ich nich.
Trotzdem wusch ich mich.“

Ebenfalls nur mittellustig ist das Arctic Monkeys-Cover
I Bet That I Look Good On The Chancellor,
in dem uns Jean seine geheime sexuelle Leidenschaft für Frau Merkel gesteht.
Der Song beginnt standesgemäß mit einem Rolling-Stones-Sample („Angie, oh Aaaaangie“), dröhnt anschließend aber relativ uninspiriert vor sich hin, erhellt lediglich von der schönen Zeile
„Merkel, Du Physikgenie,
kommst aus Pommern, nicht Banat.
Du Hast so viel Energie,
so viel MC zum Quadrat.“

Klar in die zweite, die Gold-Kategorie gehört das betont rheinisch vorgetragene Pesch gehabt, das uns in der Strophe zunächst noch an unserem bzw. des Teams Verstand zweifeln lässt
(„Ich leih‘ da, leider, dem Dalai Lama mein Lama,
der ruft „Adios Amigo“ und zischt ab auf die Bahamas.“),
dann aber alle mit diesem wundervollen Refrain versöhnt:
„Alle haben Sex-Appeal,
alle haben Witz wie Horo,
alle haben Glück im Spiel,
nur ich hab‘ stets Pesch wie Doro.“

Ein weiteres, allerdings offensiv pietätloses Highlight serviert das Team unter dem Namen Bierseidel Tendencies. Grob zusammengefasst vertritt der Song die These, dass es Selbstmord gar nicht geben kann, weil wir Menschen einfach viel zu große Schisser sind.
Diverse berühmte und weniger berühmte Suizide der Popgeschichte werden, äh, untersucht
(z.B.: „Kein Schwein legt sich auf die Schienen einer Eisenbahn,
und Richey ist bloß abgetaucht, weil die Manics Scheiße war’n.“).
Und alles gipfelt in dem aberwitzigen Chorus:
„Es traut sich ja eh keiner, Ethik hin und Ethik her,
und Kurt Cobain war auch bloß Diabetiker.“

Ein einziges Mal nur kennt das Team keinen Jokus, nämlich auf dem folgerichtig betitelten Antifa-Bassgewitter Kein Spass, Digger!, dessen Text nur aus einer einzigen Zeile besteht, welche von einem immer größer werdenden Chor gebetsmühlenartig ca. 50 Mal bis in die Ausblende wiederholt wird:
„Unser Reim auf Swastika
ist Spastiker, ist Spastiker!“

Weitere hörenswerte Kleinode verbergen sich hinter vielversprechenden Songtiteln wie
Gebrauchsanweisung From Hell
Muffin With Muff In
und der letzte Track, der die unverhoffte Liebelei mit einer Stasi-Informantin zum Thema hat, heißt formschön:
IM Lotte gewonnen.

Kurz: T.H.C. sind auch drogenfrei absolut genießbar und unbedingt empfehlenswert!

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