Eigentlich haben wir es hier ja mir einem Musikblog zu tun.
Einem Musikblog allerdings, in dem jetzt beinahe ein halbes Jahr lang fast nichts mehr über Musik zu lesen war.
Woran liegts?
Bestimmt nicht daran, dass ich weniger Zeit mit Musikhören verbringen würde.
Ein Grund ist sicher, dass YouTube irgendwie doof geworden ist.
Man verspürt keine rechte Lust mehr, erlesenste aurale Perlen zu verlinken, wenn in der Hälfte der Fälle, der Link schon eine Woche später nicht mehr funktioniert, weil das Video von der Plattform genommen wurde.
Aber, um ehrlich zu sein: es gab halt auch im gesamten bisherigen Jahr 2009 noch nicht wirklich was so neues Aufregendes, dass man es Ihnen unbedingt hätte ans Herz legen müssen.
Solche Phasen sind in der Pophistorie aber typisch, also lassen Sie mich ein wenig analysieren:

2004 und insbesondere 2005 trat die letzte große Welle der britischen Popmusik auf den Plan.
Vorbereitet von Franz Ferdinand und dann gleichsam gnadenlos wie gnadenvoll abgeerntet von den Arctic Monkeys, Bloc Party, Kaiser Chiefs, Maximo Park, Art Brut, The Rakes, The Kooks, We Are Scientists und wie sie alle heißen.
Mindestens ein gutes Dutzend hervorragender, junger Bands beglückten uns in der Folge mit ihren teilweise meisterhaften Erstlingswerken, und die Welt hielt den Atem an, kaufte und tanzte wie wild – zu Recht.
Sowas läuft ein zwei Jährchen ganz gut, die ein oder andere überdurchschnittlich talentierte Nachzügler-Kapelle, wie etwa die Wombats oder The Enemy (regelmäßige Blogleser sind informiert), gesellt sich noch dazu.
Aber irgendwann schleicht sich langsam eine gewisse Kater- resp. Aschermittwochstimmung ein.
Nahezu alle der zuvor genannten Bands haben in den vergangenen zwölf Monaten ihr drittes Album veröffentlicht, und je mehr davon wir gehört haben, desto mehr mischt sich ein ganz und gar tödliches und übelriechendes Sentiment in unseren weiterhin wohlwollenden, hoffenden, ja nachgerade flehenden akustischen Konsum: Langeweile.

Den Bands sei kein Vorwurf gemacht.
Sie machen eben weiterhin diese Musik.
Und keine der mir bekannten Scheiben ist wirklich schlecht.
Nur: es ist eben nicht mehr neu.
Es fehlt die Überraschung, das Unbekümmerte, das Überschwängliche, das Neue-Horizonte-malende, was die ganze Sause vor ein paar Jahren überhaupt erst in Schwung gebracht hat.
Es ist, wie es immer ist und immer sein wird: Den Hörern dürstet mal wieder nach was anderem.
Die Leute sind reif für und gierig nach der nächsten Revolution – der nächsten großen Welle. Aber sowas fällt nicht immer einfach vom Himmel.

Anders gesagt: wir befinden uns in einer dieser typischen und manchmal Jahre währenden Übergangsphasen. Die neuen Platten der besagten ehemaligen Avantgarde kriegen in Kritiken ihre adäquaten drei von fünf Sternen. Und vier oder gar fünf Sterne vergibt man sicherheitshalber nun wieder an die zwischenzeitlich vergessenen, aber kraft jahrzehntelang geübten Handwerks, eben wenigstens verlässlichen, längst etablierten Stadion-Acts á la U2, Coldplay oder gar (unlängst in der Q geschehen) an die Manic Street Preachers.
Da müssen wir jetzt durch.

Natürlich ist schon seit weit über 12 Monaten die Trendwende sichtbar und die Richtung erahnbar: etwas elektronischer, etwas tanzbarer, weniger rockbandmäßig soll es wieder werden.
Die Ting Tings, die Foals, Does it Offend You Yeah?, die zunehmend elektronisch konvertierten Bloc Party und natürlich nicht zuletzt die in diesem Blog schon oft genug hochgelobten The Whip sind Beispiele (tatkräftig sogar aus dem Amiland unterstützt von z.B. MGMT und VHS Or Beta).
Allein: Eine wirklich raumgreifende Welle haben diese Bands noch nicht loszutreten vermocht. Eher so Tsunami-light, würde ich mal sagen.

Woran scheitert es bislang?
Diesbezüglich verlassen auch mich meine Analysekräfte.
Vielleicht fehlt der neuen Generation nur noch ein Paul McCartney, Paul Weller oder Noel Gallagher, naheliegender ein Alex Turner des elektronischen Brit-Pop.
Ein Songwriter m.a.W. dessen Größe und Vermögen so überdurchschnittlich und überzeugend sind, dass es eben endlich richtig kracht.
Schließlich haben alle der zuletzt genannten Hoffnungsträger-Bands zumeist in der Breite noch nicht wirklich was zu bieten – zwei, drei super oder auch nur okaye Singles, aber der Rest Mittelmaß.
Vielleicht ist das aber auch das Wesen der eher elektronischen Musik: dass sie sich eben zu sehr auf den Tanzboden, den Moment, konzentriert. Dass sie, was zwar ein Mißverständnis ist, aber wahrscheinlich ein gut begründbares, nur an der Oberfläche kratzt. Ephemer, wie man sagt.
Man wird sehen.

Ergötzen Sie sich halt noch eine Weile am guten Althergebrachten.
Hören Sie z.B. mal wieder ein bißchen Phoenix (warum nicht mal Frankreich?…).
Oder erfreuen Sie sich gar an The Horrors.
Die sind zwar nicht weltbewegend, sehen aber wenigstens verdammt gut aus.

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