Alors, für diesen Beitrag war ja ein wenig Abstänkern angekündigt. Habe ich zwar eigentlich grad gar keine Lust zu, aber wer blöde Ankündigungen macht, ist auch selber Schuld.
Ich möchte gar nicht so sehr über bestimmte Bands meckern, sondern lieber über die Musikjournaille. Es geht mir nämlich gehörig auf den Senkel, dass einem im Fünfminutentakt irgendwelche vermeintlichen Meisterwerke und Oberhammeralben versprochen werden, die diesem Anspruch nicht mal ansatzweise gerecht werden (ja, in vielen Fällen vielleicht gar nicht gerecht werden wollen).
So wurde etwa das jüngste Album von Daft Punk in fast allen von mir konsumierten Medien gelobpreist, als wäre gerade das Rad neu erfunden worden. Gereicht hätte es, zu sagen, dass Get Lucky ein ziemlich unwiderstehlicher Sommerhit ist, und man über Giorgio By Moroder prima schmunzeln kann.
Nebenbei, mal unter uns Pfarrerstöchtern: äh, der klassische Siebtklässler-Englischaufsatz-Fehler z.B. „light“ und „easy“ oder eben „lucky“ und „happy“ zu verwechseln – könnte es sein, dass Daft Punk, ich meine, sind ja Franzosen…?
Sehr unwahrscheinlich – Sie haben Recht.

Auch z.B. die Arctic Monkeys staubten gleich wieder die halbe Milchstraße an vergebenen Sternen ab – ich meine, da kann man dann beim Hören ja eigentlich nur noch enttäuscht werden, nicht?
Während es sich bei der übertriebenen Lobhudelei im Falle Daft Punk natürlich hauptsächlich um angestrengtes Möchtegern-Hipstertum handelt (etwa so „Hey, ich bin zwar schon 33 und die Chantal ist jetzt auch schwanger, aber ich geh immer noch regelmäßig mit den Jungs bis in die frühen Morgenstunden ins Kamikaze! Alter, da läuft coole Clubmucke, ey.“) – ich gebe Ihnen Brief und Siegel, dass keine der schreibenden Sterneschleudern das Album mehr als ein Mal in voller Länge gehört hat -, fließt bei den Monkeys ein Übermaß an ängstlichem betriebswirtschaftlichen Kalkül in die Bewertungen mit ein.
Klar, wer 1997 geschrieben hätte, Oasis‘ Be Here Now sei eine breigewordene Altherrenrock-Operette, oder 2002 gewagt hätte, das weiße Tocotronic-Album als verschwurbelten Nonsens zu bezeichnen, der hätte seine Zeitung auch gleich dicht machen können. Die größeren Bands können in größeren Formaten allein schon deshalb nicht in die Pfanne gehauen werden, weil man damit womöglich auf einen Schlag tausende von mitlesenden Fans verstimmt, die sich dann, als beleidigte Leberwürste künftig ein anderes Heft kaufen. Da hilft es Dir als Zeitungsmacher auch nicht, wenn 10 Jahre später über die seinerzeitige Kritik allgemeiner Konsens herrscht. Weil Du eben schon seit mindestens neun Jahren pleite bist.
Warum ich das hier referiere?
Ja nun, weil das, ta-dah!, natürlich das beste Argument dafür ist, sich Musiktipps lieber aus kleinen aber feinen und völlig unabhängigen Blogs wie diesem hier zu holen.
I won’t chicken out!
Denn in dem oben beschriebenen Sinne habe ich nun wirklich nichts zu verlieren.

Folgerichtig schrieb ich ja bereits 2000 hier im Blog, Radioheads Kid A sei „das musikalische Äquivalent einer Hacker-Attacke auf ein Faxmodem“, entlarvte 2006 Muses Black Holes And Revelations als einen „billigen Werbetrick der Kotztütenindustrie“ und nannte 2010 Arcade Fires The Suburbs, „hemdsärmeliger Schülerband-Rock“.

Doch Spaß bei Seite. Möchte an dieser Stelle gerne noch mal darauf hinweisen, dass natürlich fast alles, worüber hier gemeckert wird, trotzdem irgendwie gute, jedenfalls relevante, Musik ist. Wenn also, wie in 2013 geschehen, Tocotronic, Phoenix, Beady Eye oder Arctic Monkeys eine Watschn bekommen, dann ja nur deshalb, weil die auf die ein oder andere Art und Weise in der Vergangenheit schon mal Vortreffliches geleistet haben. Enttäuschen kann ein Album schließlich nur, wenn man auch was Besonderes erwartet.
Die wirklich schlechte Musik ist immer die, die hier gar nicht verhandelt wird.

Doch wenden wir uns endlich der Überschrift zu:
Eine bislang noch unerwähnt gebliebene Enttäuschung des Jahres 2013 war das Debütalbum von Haim. Wer im Sommer das T-in-the-Park-Video der drei Schwestern mit der schrullig stringenten Beinkleid-Corporate-Identity (Danielle: Hose, Este: halblanger Rock, Alana: Beinkleidverzicht) gesehen hat, der konnte meinen, eine Art Queens Of Leon entdeckt zu haben.
Dass die Damen kurze Zeit später mit weichgespültem Jedermannspop debütierten, war dann schon ein herber Downer.
Wer das oben bereits erwähnte „betriebswirtschaftliche Kalkül“ gebraucht, der kann sich eben auch kräftig verkalkulieren.
Lenins Prognose im Falle Haim: Schuss in den Ofen.

Noch was?
Ach ja: Jake Bugg und Die Höchste Eisenbahn.
Beide letztes Jahr in den Top 20.
Beide dieses Jahr, nach neuem bzw. erstem Album, nicht.

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