Was tun, wenn einen eine unglückliche Wendung auf dem Jahrmarkt der großen Gefühle in tiefsten Liebeskummer entsendet, welcher kurzerhand die in solchen Situationen übliche Lebens- und Sinnkrise nach sich zieht, die sich dann tatsächlich mit den schmutzigsten Wassern gewaschen hat?
Die da heißen: Schlaflosigkeit, Depression, in logischer Folge vielleicht auch noch Probleme auf der Arbeit (wg. Unkonzentriertheit), Probleme mit der Gesundheit (Nicht-Schlafen ist auf Dauer keine Wellnessfarm), und nicht mal Sport kann einen ablenken (zum Sporttreiben ist man zu müde).
Was tun, also?
Saufen?
Kontaproduktiv.
Musik hören?
Meist auch kontraproduktiv. Keinesfalls empfehle ich insbesondere die ansonsten natürlich weiterhin beste Platte seit der Jahrtausendwende:
A Grand Don’t Come For Free von The Streets.
Blog schreiben?
Schwierig, weil sich im Gehirn außer einem fortwährend ablaufenden 24-Stunden-Film mit Bildern aus glücklicheren Tagen nicht mehr viel ereignet. Man also auch nichts wirklich mitzuteilen hat.

Nun, ich befand mich, wie Sie sich vermutlich jetzt schon denken konnten, in den vergangenen drei Wochen in einer der beschriebenen keineswegs unähnlichen Situation und kann Ihnen versichern:
Da ist guter Rat teuer.
Und doch wurde ich gerettet.
Und die Rettung hat einen Namen: Billy Bragg.
Zwei Stunden an einem Sonntagabend in der Frankfurter Batschkapp haben gereicht, um mich wie von Zauberhand aus dem dunklen Keller der Misere wieder ans Tageslicht des Wenigstens-Weitermachen-Wollens zu katapultieren. Ein Billy Bragg Konzert. Kein Scherz.
Dass Herr Bragg ein begnadeter Songschreiber, ein längst auch sehr überzeugender Sänger, ein Mann mit goldenem Humor und formidabelster Moral ist, das sollte bekannt sein.
Dass er aber tatsächlich auch ein Wunderheiler für seelische Notlagen ist – man mag es kaum glauben.
Dieser Mann ist einfach der guteste Gutmensch, den man sich vorstellen kann. Ein Wesen, dem, wie man unschön zu sagen pflegt, dermaßen die Sonne aus dem Arsch scheint, dass es schlicht eine Wonne ist zuzuschauen, zuzuhören, ja gleichsam an seinen Lippen zu kleben und willenlos zu schmachten.
Klug, sympathisch, lustig, romantisch – und das alles vorgetragen in der schönsten Sprache der Welt: schlicht unwiderstehlich.
Einer der ganz wenigen Menschen auf dieser Erde, der verstanden hat, dass Liebe eben auch immer ein politisches Statement ist, und dass ein lebenslanger Kampf für eine bessere Welt keineswegs in Verbissenheit und Zynismus enden muss, und auch nicht in der „Naiv“-Schublade des realistischen Lagers.
Ein Mensch, auf den Punkt gebracht, der einem gleich eimerweise das zurück gibt, was einem in den furchtbaren Wochen zuvor am meisten gefehlt hat: Hoffnung.
Hoffnung und Glaube an das Gute in der Welt, das irgendwo da draußen in diesem Moloch aus Ignoranz, Egoismus und Dummheit eben doch existiert. Denn er, Billy Bragg, ist der lebende Beweis.
Und dafür sei ihm heute und hier mal herzlichst gedankt.
Und Sie danken bitte mir für diesen tollen Tipp, der sie retten wird, sollten Sie sich demnächst auch mal wieder in einer prekären Gemütslage wiederfinden.

„When we first met, my nose began to bleed.
And then we were on a bus ride to the ferry.
And when nobody came to collect our fares,
Ooh, I knew then, this was something special!“

P.S. für Insider:
Dass ich ganz nebenbei, passend zu all dem beschriebenen Gutmenschentum, an besagtem Sonntag selbst eine wenngleich kleine, so doch sehr feine Pfadfindertat begehen konnte, dürfte meinem wiedergewonnenen Wohlgefühl natürlich zusätzlich ein wenig auf die Beine geholfen haben…

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