Nun, nachdem mein Quiz von letzter Woche endlich gelöst ist, und ich erkennen konnte, dass in der Blogleserschaft offenbar ein gewisser Nachholbedarf in Sachen Thomas Bernhard besteht, sei Ihnen noch ein kleiner Appetithappen kredenzt. Auf dass Sie dieser wundervoll abgründig-komischen Sprache genauso verfallen, wie ich es tat.
Übrigens auch erst vor etwa zwei Jahren – Ihre etwaige bisherige Unkenntnis sei Ihnen also keineswegs zum Vorwurf gemacht.

„So suchte ich eines Tages den Lehrer auf, um ihm mein Geschenk anzukündigen, meinen Steinway, ich hätte gehört, dass seine Tochter für das Klavier begabt sei, hatte ich zu ihm gesagt und ihm den Steinwaytransport in sein Haus angekündigt. Ich sei rechtzeitig zur Überzeugung gekommen, dass ich selbst nicht für eine Virtuosenlaufbahn geeignet sei, hatte ich zum Lehrer gesagt, da ich in allem immer nur das Höchste wolle, müsse ich mich von meinem Instrument trennen, denn auf ihm erreichte ich mit Sicherheit, wie ich plötzlich eingesehen habe, nicht das Höchste, so sei es selbstverständlich, dass ich seiner begabten Tochter mein Klavier zur Verfügung stellte, nicht ein einziges Mal werde ich den Deckel meines Klaviers mehr aufklappen, hatte ich zu dem verblüfften Lehrer gesagt, einem ziemlich primitiven Mann, der mit einer noch primitiveren Frau, ebenfalls aus Neukirchen bei Altmünster, verheiratet ist, Die Transportkosten übernehme ich selbstverständlich! hatte ich zu dem Lehrer gesagt, der mir von Kindheit an bekannt und vertraut ist, eben auch seine Einfältigkeit, um nicht sagen zu müssen Dummheit. Der Lehrer hat mein Geschenk sofort angenommen, dachte ich, als ich in das Gasthaus eintrat. Ich hatte nicht einen Augenblick an das Talent seiner Tochter geglaubt; über alle Landkinder von Lehrern wird immer behauptet, sie hätten Talent, vor allem Musiktalent, aber in Wahrheit haben sie für gar nichts Talent, alle diese Kinder sind immer ganz und gar talentlos, und wenn ein solches Kind in eine Flöte blasen oder an einer Zither zupfen oder auf einem Klavier klimpern kann, so ist es noch kein Talentbeweis. Ich wusste, dass ich mein kostbares Instrument der absoluten Nichtswürdigkeit ausliefere, und gerade deshalb ließ ich es zum Lehrer bringen. Die Lehrertochter hat mein Instrument, eines der besten überhaupt, eines der rarsten und also gesuchtesten und also auch teuersten, in der kürzesten Zeit zugrunde gerichtet, unbrauchbar gemacht. Aber gerade diesen Vorgang der Zugrunderichtung meines geliebten Steinway hatte ich ja haben wollen. Wertheimer ist in die Geisteswissenschaften hineingegangen, wie er immer wieder gesagt hat, ich bin in meinen Verkümmerungsprozess eingetreten, und indem ich mein Instrument in das Lehrerhaus geschafft habe, war dieser Verkümmerungsprozess von mir auf die bestmögliche Weise eingeleitet.“

Und so noch etwa 60 Seiten lang weiter, ohne Absatz und ohne Verschnaufpause, und alles beim „Eintreten in das Gasthaus“.
Herrlich!
Ich selbst habe ja seinerzeit „mein kostbares Instrument“ verkauft, um in die „Geisteswissenschaften hineinzugehen“, und mein „Verkümmerungsprozess“ begann folglich erst danach. Als ich aus den Geisteswissenschaften wieder hinausgegangen und in die Bank hineingegangen ward…

Seitdem auf dem Stein-Way,
Ihr Lenin

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