Seit Menschengedenken ist The Economist eine verlässliche, journalistische Konstante und gehört ins Angebot jedes gut sortierten Zeitschriftenkiosks. Sein streng rationalistischer, politischer Liberalismus ist so lobenswert wie sein unternehmerfreundlicher, wirtschaftlicher Liberalismus ärgerlich. Das Verlässliche besteht darin, dass man im Grunde bei jedem Artikel schon vorher weiß, was drinsteht. Der Konsum kann also mitunter zu sofortigen Ermüdungserscheinungen führen – die Zeitung vertritt nicht nur die immergleichen Positionen, sondern sie ist dermaßen staubtrocken und damit auf ihre ganz eigene Art und Weise zeitgeistuntypisch, dass es fast schon wieder eine Freude ist.
Staubtrocken bis auf eine merkwürdige Grille: es besteht nahezu Wortspielpflicht in den Überschriften!
Erwähnte Wortspiele haben zumeist in etwa so viel Esprit wie die Überschrift dieses Blogbeitrags (limes gegen minus unendlich), aber wer würde auch von einem Wirtschafts- oder gar Finanzmarktjournalisten ein Übermaß an Kreativität erwarten? Meist handelt es sich um kleine Abwandlungen von musikalischen oder literarischen Allgemeinplätzen, und das Heft ist, wie gesagt, übersät davon.
Hier mal eine Sammlung von Überschriften aus dem aktuellen Economist vom 11.10.2014:

Ein Artikel über die Rechte von Homosexuellen in verschiedenen Teilen der Welt heißt
„Tainting Love“.

Ein Artikel über das Buch des ehemaligen amerikanischen Verteidigungsministers Leon Panetta heißt
„The stings of Leon“.

Ein Artikel über Vetternwirtschaft heißt
„Friends in high places“.

Ein Artikel über Währungen heißt
„Buck to the future“.

Ein Artikel über die Nobelpreisverleihung heißt
„Blue’s Brothers“.

Soweit die noch halbwegs erträglichen.
Jetzt zu den echten Krachern:

Ein Artikel über Tennesee Williams heißt
„Making Tenn out of Tom“!

Ein Artikel über den bolivianischen Präsidenten Evo Morales heißt
„Happily Evo after“!

Ein Artikel über Süd-/Nordkorea heißt
„Till Kimdom come“!

Und ein Artikel über Chinas Premierminister Li Keqiang heißt ungelogen
„Li who will not be obeyed“!

Happily Evo after!!! Ist es nicht furchtbar resp. herrlich?
Und ganz selten gelingt ihnen auch ein echter Geniestreich:
Ein Artikel in einer anderen Ausgabe über das ohnehin schon recht amüsante Thema, welche Stellungen beim Geschlechtsakt auch für Menschen mit Wirbelsäulenschäden in Betracht kommen, trug den wundervollen Titel
„Brokeback Mounting“.
Und das ist in der Tat formidabel, ist es nicht?

The Economist – schön, dass es ihn gibt.

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